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Finanzminister Djankov gab deutschem Handelsblatt Interview

Hier eine Zusammenfassung des interessanten Interviews, dass der bulgarische Finanzminister Simeon Djankov dem deutschen Handelsblatt gegeben hat – erschienen am 02.11.2011. Hier das Originalinterview mit Djankov.

Die Finanzkrise ist überstanden, aber noch nicht ganz

In diesem Jahr hat sich die finanzielle Situation in Bulgarien stabilisiert, so die Meinung des bulgarischen Finanzministers Simeon Djankov. Ein deutlicher Aufwärtstrend beim Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen sei zu beobachten. Jedoch verschlechtern schwache Konjunkturaussichten in den westeuropäischen Ländern die Wachstumsprognosen für das kommende Jahr – von 4,1 % auf 2,9 %. Der bulgarische Handel geht zu 60 % in die EU, davon allein 50% nach Deutschland. Das soziale Wachstum des Landes müsse unter solchen Umständen unweigerlich Rückschläge erleiden. Die Regierung habe sich aber seiner sozialen Verantwortung gestellt, und in diesem Jahr den Mindestlohn mit 15% auf 135 Euro angehoben.

Bulgarien ist Europas Musterschüler beim Sparen

Beim Sparen hat sich Bulgarien an die Spitze der EU gestellt. Im Hinblick auf die andauernde Finanzkrise betrachte die Regierung strikte Fiskaldisziplin mit einem Haushaltsdefizit von höchstens 2% als eine notwendige Maßnahme, um der Gefahr der Staatsüberschuldung ein Riegel vorzuschieben. An einer solchen Finanzpolitik könnten sich sogar Frankreich und Deutschland ein Beispiel nehmen. Nach Minister Djankovs Ansicht sollten wachstumsankurbelnde Konjunkturprogramme vor allem durch höhere Steuereinnahmen finanziert werden. Diese werden sich durch ein sich abzeichnendes Wirtschaftswachstum einerseits und durch effektivere Steuereintreibung anderseits ergeben. Eine Erhöhung der Effektivität der bulgarischen Zollbehörde, die einen Personalabbau in Höhe von 30 Prozent beinhaltet, sei jetzt schon Fakt.

 Eurobeitritt. Ja. Nein. Vielleicht

Beitritt zum Euro ja, aber nicht um jeden Preis: Das ist die Position der jetzigen bulgarischen Regierung. Die Aufnahmekriterien aus Maastricht erfülle Bulgarien jetzt schon in zwei aufeinander folgenden Jahren. Doch die frühere Devise „her mit dem Euro und den niedrigen Zinsen, so schnell es geht“ hat sich nun grundlegend geändert. Für den Vizepremier gibt es für diesen Paradigmenwechsel zwei Gründe.

Zum einen stört sich die bulgarische Politik an den ständigen Änderungen bei den Aufnahmekriterien. Zum anderen ist aus bulgarischer Sicht die geplante Steuerharmonisierung für den Euroraum nicht akzeptabel. Dadurch entstünden für die schwächeren Volkswirtschaften Osteuropas beträchtliche Wettbewerbsnachteile. Die Devise lautet also nun: „Schauen wir mal was kommt.“

Der schwierige Nachbar

Die Griechenlandkrise trifft Bulgarien hart aus zwei Richtungen. Erstens, ist der gesamte Handel mit dem südlichen Nachbar zusammengebrochen. Zweitens, sind die beim Volk unbeliebten Sparmaßnahmen der Regierung sehr schwer vermittelbar im Hinblick auf die stetig anwachsenden Rettungspakete für Griechenland. Djankov kann der Griechenlandkrise aber auch Positives abgewinnen. Bulgarien entdecke nun notgedrungen neue Märkte im Osten (Ukraine, Russland), und griechische Unternehmen würden verstärkt ihren Sitz nach Bulgarien verlegen – schon 2000 Firmen in diesem Jahr. Darüber hinaus wird Bulgarien durch die Ratingabstufung der Euro-Peripherieländer wie Irland, Portugal etc. attraktiver für internationale Investmentfonds.

Ende der Zusammenfassung.

Hier noch ein kurzes Profil des jungen und sehr einflußreichen bulgarischen Politikers:

Simeon Djankov
Simeon Djankovwährend des jährlichen Treffens der „New Champions“ in Tianjin, China, September 13, 2010. Quelle: World Economic Forum (www.weforum.org)/Qilai Shen

Steckbrief Simeon Djankov: geboren am 13.06.1970. Studiert und promoviert an der Mitchigan University im Fach Internationale Handels- und Finanzbeziehungen. Arbeitete von 1995 bis 2009 für die Weltbank als Chefökonom im Finanzressort, sein Spezialgebiet waren krisengefährdete Länder. Djankov schrieb als Autor und Analyst für die auflagenstärkste Druckausgabe der Weltbank, den „Doing Business Report“, sowie für zahlreiche führende Finanz- und Wirtschaftszeitschriften. Er leitete außerdem ein ein Forschungsinstitut an der Harvard University. Seit 2009 ist Djankov Finanzminister und Vizepremier der Republik Bulgarien.

Staatsdefizit: Wo steht Bulgarien

Im Zuge der massiven Finanzprobleme in Griechenland soll hier einmal kurz die Situation in Bulgarien dargestellt werden. Ist die Lage in Bulgarien, das in den letzten Jahren leider viele negative Schlagzeilen produziert hat, vergleichbar ernst? Drohen womöglich ähnliche Finanzprobleme oder gar eine Staatspleite in Bulgarien?

Gestern veröffentlichte Eurostat, die Statistikbehörde der EU, eine Übersicht der derzeitigen Staatsschulden, der Neuverschuldung und weiterer Indikatoren aller EU-Mitgliedsstaaten. Diese Werte sollten sich gut miteinander vergleichen lassen. Hier in Tabellenform eine Auflistung der staatlichen Neuverschuldung (ein negativer Wert bedeutet, dass die staatlichen Ausgaben höher sind als die Einnahmen) und der Gesamtschulden. Die Werte sind jeweils als Prozentzahl des Bruttoinlandprodukts berechnet.

Der Vergleich mit der Wirtschaftsleistung des jeweiligen Landes gibt einen guten Überblick über die Lage der dortigen Staatsfinanzen.

Defizit in Bulgarien, Griechenland und Deutschland
Defizit in Bulgarien, Griechenland und Deutschland

Wie man erkennt, ist die Lage in Bulgarien wesentlich besser als in Griechenland. Selbst gegenüber Deutschland, das hier zum Vergleich noch mit aufgeführt ist, schneidet Bulgarien besser ab. In den letzten Jahren konnte Bulgarien regelmäßig einen Haushaltsüberschuss erwirtschaften. Zusammen mit der boomenden Wirtschaft und eines somit steigenden BIPs führte dies zu einer Abnahme des Verschuldungsgrades. Bulgarien ist eines der EU-Mitglieder mit der geringsten Staatsverschuldung.

Im vergangenen Jahr 2009 rutschte auch der bulgarische Haushalt ins Minus, doch dank des geringen Verschuldungsgrades fällt es der bulgarischen Regierung wesentlich leichter, ihre finanzielle Handlungsfähigkeit zu bewahren. Zudem hat die Regierung betont, dass die Senkung des Defizits eine ihrer Hauptaufgaben sein wird. Das Staatsdefizit in Bulgarien gibt also keinen größeren Grund zur Sorge.