Archiv der Kategorie: Europa

Weiter hohe Arbeitslosigkeit in Bulgarien

Nach einer aktuellen Veröffentlichung der europäischen Statistikbehörde Eurostat beträgt die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im gesamten EU-Gebiet (EU28, also inklusive des gerade beigetretenen Kroatien) im Juli 2013 11,0 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist somit eine Zunahme von einem halben Prozentpunkt zu erkennen. Für Bulgarien wird für den Juli 2013 eine Arbeitslosenquote von 12,7 Prozent angegeben, hier nahm die Quote binnen Jahresfrist um 0,3 Prozentpunkte zu. Im Vergleich dazu beträgt die Arbeitslosenquote in Deutschland lediglich 5,3 Prozent, ein Minus von 0,1 Prozentpunkten verglichen mit 2012. Nur in Österreich war die Arbeitslosenquote im Juli noch niedriger (4,8 Prozent). EU-Spitzenreiter ist Griechenland.

Hier liegen nur Zahlen für den Mai 2013 vor, saisonbereinigt belief sich der Wert damals auf 27,6 Prozent. Auf einem ähnlichen Niveau bewegt sich Spanien mit 26,3 Prozent (was ein Zunahme von 0,9 Prozentpunkten binnen Jahresfrist bedeutet). Die bulgarische Jugendarbeitslosigkeit (saisonbereinigt, unter 25 Jahren) betrug im Juli 2013 25,1 Prozent, was in etwa dem europäischen Schnitt (EU 28 = 23,4) entspricht. Spitzenreiter auch hier Griechenland (62,9 Prozent für Mai 2013) und Spanien (56,1 Prozent). Eine Wende zum Positiven ist somit am bulgarischen Arbeitsmarkt nicht zu erkennen.

Die Probleme sind jedoch nicht mit Griechenland oder Spanien zu vergleichen. Bulgarien ist diesbezüglich ein ganz durchschnittliches EU-Mitglied.

Seit Juli 2013 gilt neue Beschäftigungsverordnung

Mit Wirkung vom 1. Juli 2013 ist in Deutschland die neue Beschäftigungsverordnung (BeschV) in Kraft getreten, sie löst damit die Vorgängerregelung aus dem Jahr 2005 ab. Für Bulgaren, ebenso Rumänen, ist diese Regelung (fast) schon zu vernachlässigen, denn ab Januar 2014 gilt hier die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Verordnung regelt Zugang für Nicht-EU-Bürger. Die Beschäftigungsverordnung ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus sogenannten Drittstaaten von Bedeutung. Aber auch für diejenigen aus dem gerade beigetretenen EU-Mitgliedsstaat Nummer 28,  Kroatien, die in Deutschland arbeiten möchten. Für die Bevölkerung des Adriastaats werden noch einige Jahre Einschränkungen beim Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gelten. In der Verordnung werden die Möglichkeiten des Zugangs definiert:

§1 BeschV: Die Verordnung steuert die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen sie und die bereits in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer zum Arbeitsmarkt zugelassen werden können.

Von praktischer Bedeutung ist die Definition der Fälle, in denen keine Zustimmung bei einer Arbeitsaufnahme erforderlich ist. Keiner Zustimmung bedarf beispielsweise die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an Hochqualifizierte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes. Darunter sind dort – nicht abschließend – Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen sowie Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Funktion aufgezählt. Auch für viele weitere exponierte Arbeitnehmer gelten entsprechende Regelungen (Leitende Angestellte, Mitglieder des Organs einer juristischen Person). Auch für Inhaber der Blauen Karte EU ist ein zustimmungsfreier Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt vorgesehen, wobei hier zusätzlich ein Mindestgehalt in Höhe von 2/3 der der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung in der Stelle, die aufgenommen werden soll, oder ein inländischer Hochschulabschluss nachgewiesen werden müssen. Die dritte Möglichkeit eines Zugangs besteht über eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation angemessenen Beschäftigung für Ausländerinnen und Ausländer mit einem inländischen Hochschulabschluss (d.h. In diesem Fall auch ohne die „Blaue Karte EU“).

Zugang für Fachkräfte aus Drittstaaten zum deutschen Arbeitsmarkt

Etwas schwieriger ist der Zutritt für Fachkräfte ohne Hochschulabschluss, wenn diese in Deutschland eine Tätigkeit ausüben möchten, für die eine mindestens zweijährige Berufsausbildung erforderlich ist. Wurde eine solche Ausbildung nicht in Deutschland absolviert (was den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen würde), gibt es zwei Optionen:

  • Der entsprechende Beruf ist auf einer Positivliste der Bundesagentur für Arbeit aufgeführt und eine Gleichwertigkeitsfeststellung nach Anerkennungsgesetz bzgl. der Berufsausbildung des Arbeitnehmers liegt vor. Diese Positivliste ist ein weiteres Novum und wird – regelmäßig aktualisiert – diejenigen Berufe auflisten, in denen nach Bewertung der Bundesagentur für Arbeit Bedarf am Arbeitsmarkt besteht.
  • Es besteht eine Vermittlungsabsprache mit der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes des Arbeitnehmers, die einen Zugang ermöglicht.

In beiden Fällen kann die Arbeitsagentur Quoten festlegen und bestimme Staaten ausschließen – sie erhält somit zentrale Kompetenzen zugewiesen, die man als strategisch bezeichnen kann. Hilfstätigkeiten können weiter nach der bekannten Saisonarbeiterregelung ausgeübt werden, die ohne Änderungen auch in der neuen Fassung der Beschäftigungsverordnung zu finden ist. Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen. Der Gesetzestext der Beschäftigungsverordnung kann hier nachgelesen werden.

BDA versucht Mythen über den deutschen Arbeitsmarkt zu entkräften

In der deutschen Öffentlichkeit, und hier insbesondere seitens der Gewerkschaften, wird der Beschäftigungsaufschwung, den Deutschland seit mehreren Jahren erlebt, immer wieder relativiert. Die neu geschaffenen Arbeitsplätze seien schlecht bezahlt und würden oft nicht zum Leben ausreichen. Außerdem werde durch Befristung und Zeitarbeit eine ständige Unsicherheit in die Erwerbsbiografien gerade jüngerer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebracht.

Diesen (Vor-)Urteilen versucht die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) nun mit einer Broschüre entgegenzutreten. „Die Realität am deutschen Arbeitsmarkt – Fakten statt Zerrbilder“ versucht auf gut 35 Seiten, die populärsten Thesen zu entkräften und die positive Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt seit Beginn der Agenda 2010 zu unterstreichen.

Hier einige Beispiele:

  • Wird sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland abgebaut? Nein, denn laut BDA gab es im Jahr 2012 mit rd. 28,9 Mio. die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten innerhalb der letzten 20 Jahre.
  • Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten („Minijobber“) stagniert. Sie lag 2006 bei 4,85 Mio. und 2012 bei 4,82 Mio. Dabei waren zuletzt über 40 % der Minijobber Schüler, Studenten und Rentner zuletzt über 40 % der Minijobber Schüler, Studenten und Rentner. Die Zahl der Erwerbstätigen ist gleichzeitig hingegen von 39,2 Mio. auf 41,6 Mio. um 2,4 Mio. gestiegen.
  • Der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse liegt seit Jahren konstant bei unter 10 %.
  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist in Deutschland zwischen 2001 und 2011 von 10 auf 11,2 Jahre angestiegen.
  • 46 % der Beschäftigten im Niedriglohnbereich üben eine Tätigkeit aus, für die kein Abschluss benötigt und die daher zwangsläufig gering entlohnt wird.
  • Dies ist laut BDA „kein kurzfristiges Phänomen – Deutschland belegt in dieser Statistik schon seit vielen Jahren kontinuierlich einen der vorderen Plätze. Wesentlich hierfür verantwortlich ist das duale Ausbildungssystem, welches durch die enge Verknüpfung mit der beruflichen Praxis einen optimalen Start in den Beruf ermöglicht. Die duale Ausbildung lohnt sich für beide Seiten: Sie sichert den Unternehmen qualifizierte Fachkräfte und den Jugendlichen gute berufliche Chancen.“
  • Besonders lobenswert (unbestritten) ist die in Deutschland sehr geringe Jugendarbeitslosigkeit. Hier eine entsprechende Grafik des BDA, die die deutsche Vorreiterposition in Europa unterstreicht:
Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Quelle: BDA mit Daten von Eurostat
Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Quelle: BDA mit Daten von Eurostat

Auch wenn nicht alle Thesen des BDA unwidersprochen hingenommen werden können, so liefert der Arbeitgeberverband hierdurch einen willkommenen Anstoß für eine Diskussion über die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Und diese wird sicherlich auch im beginnenden deutschen Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen.

Der Faktor Arbeit bleibt günstig in Bulgarien!

Die durchschnittlichen Arbeitskosten, also die Summe aus Bruttoverdienst und Lohnnebenkosten, in der bulgarischen Privatwirtschaft, haben sich gegenüber dem Vorjahr um 6,4 Prozent erhöhten.

Trotzdem ist der Faktor Arbeit im Balkanstaat Bulgarien immer noch mit deutlichem Abstand am preiswertesten innerhalb der Europäischen Union. Eine aktuelle Statistik des deutschen Statistischen Bundesamtes belegt dies mit Zahlenmaterial aus dem vierten Quartal 2012.

Große Unterschiede bei Arbeitskosten in der EU

In unserer aktuellen HR-Statistik erfahren Sie, welche Staaten die höchsten und welche die niedrigsten durchschnittlichen Arbeitskosten innerhalb der Europäischen Union haben.

Arbeitskosten Bulgarien und Europäische Union
Arbeitskosten Bulgarien und Europäische Union

Spitzenreiter, also das Land mit den höchsten Arbeitskosten, ist Schweden. Hier fallen für eine Stunde Arbeit € 41,90 an. Damit liegen die Kosten für einen schwedischen Arbeitgeber um mehr als elf Mal höher als für einen bulgarischen Arbeitgeber. Zwischen Sofia und Varna kommen im Schnitt nur Kosten von € 3,70 pro Arbeitsstunde auf einen Privatunternehmen zu. Deutschland rangiert mit € 31,- im oberen Mittelfeld auf Position acht. Hier ist Arbeit etwas günstiger als in Frankreich (€ 34,90) zu bekommen, aber deutlich teurer als in Großbritannien (€ 21,90).

Bulgarien bleibt Kostenführer

Trotz der merklichen Kostensteigerung zum Vorjahr ist Bulgarien nach wie vor die erste Wahl für Investitionen, bei denen Lohnkosten den dominanten Kostenfaktor darstellen. Rumänien liegt mit € 4,5 je Arbeitsstunde auf Augenhöhe, in Polen wird es dagegen bei einem Durchschnittswert von € 7,2 bereits deutlich teurer.

Interessant ist die Tatsache, dass die Arbeitskosten in Bulgarien so stark zugelegt haben und gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit steigt. Eigentlich sollten steigende Arbeitslosenzahlen zu moderaten Lohnentwicklung führen oder gar Lohnkürzungen auslösen.

Experten erklären dies damit, dass bulgarische Unternehmen im Moment vorwiegend gering qualifizierte Arbeitskräfte freisetzen, Spezialisten jedoch zu halten versuchen. Denn für die zweite Gruppe besteht immer die Option, sich nach einer besser bezahlten Position im Ausland umzusehen. Für Arbeitnehmer ohne Qualifizierung und ohne Kenntnisse einer Fremdsprache besteht eine solche Möglichkeit nicht oder nur unter Einschränkungen.

In Deutschland wird für diese Personengruppe erst ab 2014 die Arbeitnehmerfreizügigkeit hergestellt werden. Dann darf jeder Bulgare ohne besondere Erlaubnis eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen und ist somit den Staatsangehörigen der alten EU-Mitgliedsstaaten gleichgestellt.

OECD kritisiert geringe Zuwanderung Hochqualifizierter nach Deutschland

Die Veröffentlichung eines OECD-Berichts zur Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf den deutschen Arbeitsmarkt hat in den letzten Tagen ein reges Medienecho erfahren.

Nachdem wir erst in der letzten Woche über das geringe Interesse deutscher IT-Firme an einer Mitarbeitersuche im Ausland berichtet hatten, stellen wir nun die umfassende und auf die gesamte Volkswirtschaft bezogene Untersuchung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vor.

In dieser wird, das sei positiv hervorgehoben, der Zugang auf den deutschen Arbeitsmarkt als (verglichen mit anderen OECD-Mitgliedstaaten) relativ einfach beschrieben. Doch sprechen die Zahlen gegen Deutschland: trotz des vermeintlichen Fachkräftemangels liege der Anteil an Arbeitsmigranten aus Ländern außerhalb der EU und der Europäischen Freihandelsregion EFTA nur bei einem Fünftel oder gar einem Zehntel des Wertes anderer untersuchter Staaten wie Australien, Dänemark, Kanada und Großbritannien.

Besonders KMU tun sich mit Arbeitsmigranten schwer

Als problematisch wird die Situation in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) beschrieben. Diese tuen sich oft besonders schwer, geeignete Kandidaten im Ausland zu finden. Der Grafik lässt sich entnehmen, wie dies seitens der befragten Unternehmen begründet wurde.

OECD-Befragung
Unternehmensbefragung im Rahmen der Studie: Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte: Deutschland (Quelle. OECD)

Zwar mangelt es KMU sogar noch häufiger an Fachkräften als großen Firmen,

im Unterschied zu diesen haben sie aber keinen konzerninternen internationalen Personalaustausch, über den sie Angestellte werben könnten. Der Bericht empfiehlt deshalb, Arbeitgeber – insbesondere KMU – bei der Personalsuche im Ausland stärker zu unterstützen, sofern sie ihren Fachkräftebedarf im heimischen Arbeitsmarkt nicht decken können,

so die OECD. Eine von vielen Erklärungen: Das deutsche Zuwanderungssystem werde im In- und Ausland als restriktiv und schwer zugänglich wahrgenommen, so der OECD-Bericht.

OECD empfiehlt Zuwanderungsstrategie

Der stellvertretenden Generalsekretär der OECD, Yves Leterme, riet bei der Präsentation der Studie am 4. Februar 2013 in Berlin zu einer konsequenten Zuwanderungsstrategie. Ohne eine solche werde es schwierig werden, dem prognostizierten Fachkräftemangel zu begegnen: „Der Wohlstand Deutschlands hängt wesentlich davon ab, ob es ihm gelingt, trotz seiner alternden Bevölkerung wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Lesen Sie die komplette OEDC-Studie „Zuwanderung auskändischer Arbeitskräfte: Deutschland“ durch eine Klick auf die folgende Grafik im PDF-Format.

Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte: Deutschland (German version) | OECD Free preview | Powered by Keepeek Digital Asset Management Solution