Am kommenden Sonntag (12. Mai 2013) finden in Bulgarien vorgezogene Parlamentswahlen statt. Es ist völlig offen, wer hierbei als Wahlsieger hervorgehen wird.
Der unerwartete Rücktritt der Borissov-Regierung im Februar 2013 hat das Land in den vergangenen Wochen und Monaten in politische Turbulenzen gestürzt und international für Aufregung gesorgt. Die Demonstrationen, die auch eine der Ursachen für den Regierungsrücktritt waren, haben seitdem jedoch merklich nachgelassen.
Es ist davon auszugehen, dass Bulgarien künftig von einer Koalitionsregierung regiert wird. Da eine große Koalition von den beiden führenden Parteien GERB und BSP ausgeschlossen wird, gibt es zwei mögliche Varianten, wer die Geschicke des Landes in Zukunft lenken wird.
Entweder weiter konservativ-bürgerlich…
Eine Möglichkeit ist, dass erneut das bürgerliche Lager (mit dem ehemaligen und dann auch zukünftigen Premier Borissov) die Politik Bulgariens bestimmen wird. Dies ist nicht ausgeschlossen, wenngleich die ehemalige Regerungspartei GERB mit massiven Stimmverlusten zu rechnen hat.
Diverse Skandale, zuletzt ein umfassender Abhörskandal, könnten das Wahlverhalten der Bulgarinnen und Bulgaren beeinflussen – in welche Richtung, ist noch keineswegs absehbar, da sich alle Lager als Opfer darstellen und zwischenzeitlich sogar die OSZE eine Beobachterkommission ins Land entsandt hat, um hier für Aufklärung zu sorgen. Vor den Wahlen wird es hierzu jedoch keinen Abschlussbericht heben.
…oder eine Mitte-Links-Regierung wie zuletzt bis 2009
Die zweite Option wäre eine Koalition unter Führung der sozialistischen BSP (die formell gemeinsam mit diversen Splittergruppierungen als „Koalition für Bulgarien“ antritt).
Wahrscheinlichster Koalitionspartner der BSP wäre die Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), die sich dem liberalen Parteispektrum zuordnet. Diese Partei wird durch einen traditionell starken Rückhalt in der türkischen Minderheit kein Problem damit haben, die vier-Prozent-Hürde zu überspringen und erneut ins Parlament einzuziehen. In der Regierung 2005 bis 2009 konnten die beiden Parteien bereits bewiesen, dass sie in der Lage sind, eine stabile Koalition zu bilden.
Der damalige dritte Koalitionspartner, die NDSW, spielt seit mehreren Jahren praktisch keine Rolle mehr – obwohl sie 2001 noch einen grandiosen Wahlsieg einfahren durfte und mit dem schillernden Simeon Sakskoburggotski den Regierungschef stellte. Ein Einzug ins Parlament scheint sehr unwahrscheinlich.
Schlechte Chancen für andere rechte und konservative Parteien
Als vierte Kraft könnte die rechtsradikale Bewegung Ataka ins Gebäude der Narodno Sabranie in Sofia einziehen – und, wie bereits in der Vergangenheit, die GERB-Regierung stützen. Sie bewegt sich in Umfragen um die im bulgarischen Wahlrecht ausschlaggebende Vierprozentmarke.
Weitere bürgerliche Parteien müssen ernsthaft um ihre Abgeordnetenmandate bangen. Nach neuesten Umfragen würde sowohl die Blaue Koalition, als auch die Partei Ordnung, Sicherheit und Gerechtigkeit einen Wiedereinzug klar verfehlen. Diese beiden Parteien hatten die Minderheitsregierung der zurückgetretene Borissov-Administration zumindest zeitweise unterstützt.