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Mittelstand in Bulgarien – neue KMU-Zahlen der EU-Kommission veröffentlicht

Im Rahmen der gerade stattfindenden europäischen KMU-Woche 2012 (15. bis zum 21. Oktober) hat die EU-Kommission interessante Statistiken zu den unterschiedlichen Situation in den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft veröffentlicht. Hier eine tabellarische Aufstellung der wichtigsten Zahlen für Bulgarien und im Vergleich dazu die Zahlen für Deutschland und Österreich:

Mittelstand KMU Bulgarien

Die bulgarischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erbringen 61,9 Prozent der Wertschöpfung des Landes, wobei 99,8 Prozent aller Unternehmen dieser Gruppe zugeordnet werden können. 75,7 Prozent aller Beschäftigten im Privatsektor Bulgariens sind bei KMUs angestellt, wobei der Schwerpunkt der bulgarischen KMU im Bereich Handel zu sehen ist, während EU-weit der Dienstleistungssektor dominiert.

Nach der KMU-Definition der Europäischen Union gelten Firmen mit einer maximalen Anzahl von 250 Beschäftigten und einem Umsatzerlös von weniger als 50 Millionen Euro pro Jahr als KMU (bzw. englisch abgekürzt SME für „small medium enterprises). Diese Definition ist nicht nur statistisch wichtig, sie findet auch bei der Vergabe von Fördermitteln, mit denen insbesondere der Mittelstand unterstützt werden soll, eine praktische Anwendung.

Bulgarien fehlen die großen Firmen

Die Vergleichszahlen für Deutschland: Hier werden 99,5 Prozent aller Unternehmen als KMU klassifiziert. Sie repräsentieren einen Anteil von 53,9 Prozent der Wertschöpfung des Landes, die durch 62,7 Prozent aller im Privatsektor beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erbracht wird. In Österreich sieht es ähnlich aus, hier gelten 99,7 Prozent aller Unternehmen als KMU und erwirtschaften 60,8 Prozent der Wertschöpfung. Der Anteil der in der Privatwirtschaft tätigen Arbeitsbevölkerung, die bei KMU beschäftigt sind, beträgt 60,8 Prozent.

Die bulgarische Wirtschaft ist wesentlich stärker mittelständisch ausgerichtet als die deutsche oder österreichische. Die Anzahl von Großunternehmen ist in Bulgarien, mit Ausnahme einiger meist staatsnaher Firmen, gering. In diesem Beitrag haben wir die bulgarischen Firmen mit den meisten Mitarbeitern aufgeführt – im internationalem Maßstab kann man diese Firmen wenn nicht nach der EU-Definition, so doch umgangssprachlich als „mittelständisch“ bezeichnen. Wirkliche Big Player existieren nicht.

Arbeitszeit: Deutsche Arbeitnehmer arbeiten wieder länger

Die Kurzarbeit ist in Deutschland, nachdem sie in den Krisenjahren 2008/9 reichlich Anwendung fand, praktisch wieder verschwunden. Im vergangenen Jahr 2011 stieg die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der deutschen Arbeitnehmer um 0,5 Prozent, berichtet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Somit ist das Vorkrisenniveau fast wieder erreicht.

Zum Anstieg trugen insbesondere der Rückgang der Kurzarbeit, längere betriebsübliche Arbeitszeiten, mehr Überstunden sowie der Aufbau von Guthaben auf Arbeitszeitkonten bei. Laut dem der Bundesagentur für Arbeit angegliederten IAB sind die Arbeitszeitpolster derzeit wieder gut gefüllt.

Arbeitszeiten
Arbeitszeiten in Deutschland nehmen zu

Die vollzeit- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer leisteten in 2011 durchschnittlich 1.330 Arbeitsstunden – eine Zunahme von sieben Stunden oder 0,5 Prozent verglichen mit 2010. Die gerade bei größeren Unternehmen beliebten Arbeitszeitkonten wuchsen im Verlauf des Jahres 2011 um 3,6 Stunden je Arbeitnehmer an. Etwas zugenommen haben auch die bezahlten Überstunden. Je Arbeitnehmer wurden knapp zwei Stunden mehr gearbeitet als im Jahr 2010.

„Damit sind die zur Stabilisierung der Beschäftigung während der Krise reduzierten Arbeitszeitpolster nahezu wieder voll aufgebaut. Das wirtschaftliche Wachstum wurde 2011 im Wesentlichen durch die Zunahme der Beschäftigung um 1,3 Prozent und durch Produktivitätssteigerungen in gleicher Höhe realisiert“, erklären die IAB-Arbeitsmarktforscher Eugen Spitznagel und Ines Zapf.

Im Jahresmittel 2011 lag die Zahl der Kurzarbeiter noch bei rund 150.000. Im Vorjahr 2010 lag der Stand noch bei einer halben Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von diesem Mittel Gebrauch machten. Je Kurzarbeiter fielen im Schnitt knapp 40 Prozent der normalen Arbeitszeit aus. Mitte 2009 erreichte die Kurzarbeit mit 1,4 Millionen Kurzarbeitern einen Rekordstand.

Die normale Wochenarbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten belief sich 2012 auf 38,07 Stunden und blieb damit relativ konstant. Dagegen konnten mehr Krankenstände verzeichnet werden – 3,8 Prozent betrug der Wert im Jahr 2011, nachdem die Arbeitnehmer im Vorjahr mit 3,6 Prozent etwas gesünder waren. Kalenderbedingt standen den Betrieben außerdem 1,3 Arbeitstage weniger zur Verfügung, da mehr Arbeitszeit durch Feiertage ausgefallen ist als im Vorjahr, anderenfalls wäre die Anzahl der durchschnittlichen Arbeitsstunden also noch größer ausgefallen.

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist im Jahr 2011 um knapp 100.000 (+ 0,7 Prozent) gestiegen. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten hat erneut kräftig zugenommen, um 400.000 (+1,7 Prozent). Die Teilzeitquote ist somit um 0,2 Prozentpunkte gesunken und beträgt jetzt 34,5 Prozent.

Die Personalberatung Balkaninvest.eu eood Bulgarien sieht diesen Trend als eine Herausforderung: Der Bedarf an qualifiziertem Personal kann in Deutschland immer schwerer gedeckt werden. Der Ausbildungsstand der bulgarischen Fachkräfte ist hoch, deutsche Sprachkenntnisse sind in vielen Fällen vorhanden. Wenn Sie als Arbeitgeber mehr über die Möglichkeit erfahren möchten, Vakanzen in Deutschland durch Personal aus Bulgarien zu decken, freuen wir uns über Ihre Anfrage.

Offene Stellen – es gibt wieder Arbeit in Deutschland

Im November hat der Stellenindex BA-X der deutschen Bundesagentur für Arbeit ein neues Allzeithoch erreicht. Auch wenn sich die Nachfrage nach Arbeitskräften über alle Branchen verteilt, so gibt es doch einige Bereiche, in denen es den Firmen besonders schwierig fällt, Personal zu finden. Dazu haben wir eine Infografik mit den Top10 der offenen Stellen im Monat November erstellt:

Offene Stellen in Deutschland
Offene Stellen in Deutschland (November 2011)

Der stark vom anziehenden Exportgeschäft profitierende Maschinenbau hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass Berufe in der Metallerzeugung und -bearbeitung die klare Nummer eins unter den offenen Stellen einnehmen. Auch die Logistikbranche dürfte durch den Handelsboom einen hohen Bedarf an Arbeitskräften haben – so lässt sich Platz zwei bei den offenen Stellen in Deutschland erklären. Mechatronik, Energie- und Elektroberufe können ebenfalls zu einem großen Teil den exportorientierten Branchen Maschinenbau und Fahrzeugbau zugerechnet werden.

Mehr als genug Arbeit in Deutschland

Fazit: Es gibt noch Arbeit in Deutschland – und zwar so viel, wie seit vielen Jahren nicht mehr. Der Stellenindex BA-X hat zumindest einen neuen Allzeithöchststand erreicht. Und auch die Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Kein Wunder, dass immer mehr deutsche Unternehmen auf die Suche nach Arbeitskräften in Osteuropa gehen.

Bundesregierung beschließt Konzept zur Fachkräftesicherung

Die deutsche Bundesregierung hat in ihrer heutigen Kabinettsitzung das Konzept zur Fachkräftesicherung beschlossen. Die Nutzung und Förderung inländischer Potenziale steht im Vordergrund, muss aber zwingend um mehr qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland ergänzt werden. In diesem 21 Seiten langen Papier kann man im Kapitel 3.5 Integration und qualifizierte Zuwanderung unter anderem folgende Sätze lesen:

Die Bundesregierung wird prüfen, wie der Zugang von ausländischen Hochqualifizierten und Fachkräften zum deutschen Arbeitsmarkt noch systematischer an den Bedürfnissen des deutschen Arbeitsmarktes ausgerichtet und nach zusammenhängenden, klaren, transparenten und gewichteten Kriterien wie Bedarf, Qualifizierung und Integrationsfähigkeit gestaltet werden kann. Die Bundesregierung wird dabei auch die Erfahrungen anderer Länder einbeziehen.

Als Berufsgruppen, in denen die Zuwanderung besonders gefördert werden soll, führt der Bericht neben Maschinenbauingenieuren, Fahrzeugbauingenieuren und Elektroingenieuren auch Ärzte auf. Weiter heißt es im Papier, aus dem sich jetzt gesetzliche Neuregelungen ableiten werden:

Diese Aussetzung der Vorrangprüfung erfolgt, da ein offensichtlicher Fachkräftemangel für diese Berufe im Inland besteht und eine erleichterte qualifizierte Zuwanderung auch aus Drittstaaten ein erfolgsversprechender Schritt ist, um die Arbeitskräftelücke zeitnah zu schließen. Die Sachlage wird zum Zwecke der Anpassung regelmäßig daten- und expertengestützt überprüft werden.

Hier gibt finden Sie weitere Informationen und das komplette Konzept der Bundesregierung zur Fachkräftesicherung als PDF-Download.

Unser Standpunkt zur Fachkräftesicherung in Deutschland

(Als eine bulgarische Personalberatung, die sich auf die Vermittlung von Ingenieuren nach Deutschland spezialisiert hat):

Der Zugang von Bulgaren und Rumänen zum deutschen Arbeitsmarkt ist nach wie vor reglementiert und wird durch mehr oder weniger wirkungslose bürokratische Hürden verkompliziert. Gerade den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus Staaten mit den niedrigsten Löhnen im EU-Raum, für die eine Beschäftigungsaufnahme in Deutschland besonders attraktiv ist, wird das Leben also besonders schwierig gemacht.

Das ist nicht nur diskriminierend, sondern zudem unlogisch – schließlich sitzen wir alle im gleichen EU-Boot. Es bleibt abzuwarten, wie ernst es die Bundesregierung mit der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes auch und gerade für Bulgaren und Rumänen meint.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat es erkannt: „Wenn wir Spitze bleiben wollen, brauchen wir auch Spitzenleute von überall her.“ Auch der Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank Weise, hatte sich erst vor kurzem für eine verstärkte Zuwanderung ausgesprochen.

Diese sollte jetzt durch schnelle Gesetzesänderungen und Verfahrenserleichterungen stimuliert werden. Denn die Alternative wäre: Abwanderung der Industrie aus Deutschland in Staaten, in denen noch ausreichend Fachkräfte und Ingenieure zu finden sind.

Trends bei Beschäftigung in Europa

Eine interessante Untersuchung, durchgeführt von dem Europäischen Zentrum für Förderung der Berufsbildung, Cedefop, innerhalb von 25 EU-Mitgliedsstaaten und außerdem noch in Norwegen und in der Schweiz, zeigt die Tendenz in der Entwicklung der Arbeitsmarkt in der EU im Zeitraum 2006-2020.

Wie wird die Beschäftigung in Europa im Jahr 2020 aussehen? Der Arbeitsmarkt erlebt einen ernsthaften Mangel an Krankenschwestern, Sozialarbeitern und Ärzten. Die Idee der grünen Wirtschaft, die die großen Hoffnungen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau auf dem Kontinent darstellte, ist noch eine Fata Morgana wegen der Mangel an Spezialisten in sauberen Technologien, erneuerbaren Energien und im Bereich Recycling. Zur gleichen Zeit wird im Bergbau, Elektrizität, Wasser- und Gasversorgung die Zahl der Arbeitslosen ansteigen.

Die bulgarische Hauptstadt Sofia (vom NDK aus fotografiert)
Wohin entwickelt sich die Beschäftigung in Bulgarien? Hier zu sehen: Die bulgarische Hauptstadt Sofia (vom NDK aus fotografiert)

Um diese negativen Ereignisse zu vermeiden, entwickelt die Europäische Kommission (EC) eine spezielle Strategie, die den Bedarf an Arbeitskräften in den verschiedenen Sektoren der Wirtschaft voraussagt. Sie gibt Empfehlungen für die Ausbildungssysteme der EU-Länder, so dass diese vermehrt Fachkräfte in den Bereichen ausbilden, wo es bald einen Mangel an Arbeitskräften geben wird.

Wo entstehen die Arbeitsplätze?

Bis zum Jahr 2020 werden in der EU über 20 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, trotz der Kündigung von über 3 Millionen Arbeiter in der Landwirtschaft, Holz-und Textilproduktion, Pharmazie, Maschinenbau und Chemieindustrie.

Die Rechnung zeigt, dass es in 10 Jahren in der Europäischen Union 223,8 Millionen Arbeitsplätze geben wird, bei einer 302,5 Millionen zählenden Erwerbsbevölkerung. 12 Millionen Arbeitsplätze werden unbesetzt bleiben wegen des Mangels an qualifizierten Fachkräften. Der Beruf der Zukunft wird im Gebiet Umweltschutz zu finden sein.

Die Bevölkerungsalterung in den nächsten Jahren wird zu einer erhöhten Suche nach Arbeitskräften in den Gesundheits-und Sozialdiensten führen. Dieser Trend zeigt sich bereits in einigen Ländern in Westeuropa, so versuchen beispielsweise Deutschland und Großbritannien Ärzte, Krankenschwestern und Sozialarbeiter aus den östlichen Ländern der Europäischen Union wie Rumänien und Bulgarien zu gewinnen.

Zusammen mit der GD Beschäftigung, Soziales und Integration der Europäischen Kommission erstellt Cedefop monatliche Berichte über die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Sie sammeln und analysieren Informationen über offene Stellen und Arbeitssuchende in der gesamten EU durch die Arbeitsämter in verschiedenen Ländern, sowie konsultieren Arbeitgeber und Personalagenturen. Es ist geplant, eine Online-Datenbank mit Informationen über Nachfrage Berufen, Qualifikationen, Ausbildung in der EU, genannt Match and Map, zu schaffen.

Die prognostizierten Veränderungen im Bereich der Berufsgruppen machen es erforderlich, dass das Beschäftigungspotenzial der Arbeitskräfte in Europa optimal ausgenutzt wird. Dies hat in den einzelnen Mitgliedstaaten Auswirkungen in den Bereichen Beschäftigung, Unternehmen, Migration, Arbeitskräftemobilität und Sozialpolitik. Die Sozialpolitik muss flexibler gestaltet werden, um den Menschen mehr Unterstützung zu bieten, die den Arbeitsplatz wechseln müssen.